ak - analyse & kritik, Zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 432 / 18.11.1999

 
aus ak

v. 18.11.99

Raçak - Mutation eines Massakers

Linke Verschwörungstheorien und serbische Propaganda

Peter Wuttke                                                English: Click here

Am 15. Januar 1999 starben in einem Dorf im Kosovo 45 Menschen eines gewaltsamen Todes. International ist diese Gewalttat als Massaker von Raçak bekannt. Auch wenn die Toten längst beerdigt sind, geht die Debatte darüber weiter, auf welche Weise diese Menschen ums Leben kamen. Bei der politischen Bedeutung dieser Bluttat für die Vorgeschichte des Kosovo-Krieges ist das nicht verwunderlich: Schon einen Tag nach diesem Ereignis begann der Streit über seine Hintergründe. William Walker, der Leiter der "Kosovo Verification Mission" (KVM) der OSZE, sprach am 16.1.1999 sichtlich bewegt von einem Massaker, das von serbischen Polizei- und Sicherheitskräften an kosovo-albanischen Zivilisten begangen worden sei. Die jugoslawische Regierung sprach im Gegensatz dazu von einem Täuschungsmanöver der UCK und wollte Walker auf Grund seiner Anschuldigungen des Landes verweisen.

Der deutsche Außenminister Fischer erklärte im Rückblick, für ihn seien die Ereignisse ein Wendepunkt gewesen. (1) Damit steht er nicht allein, denn spätestens mit Raçak wurden Milosevic und die gesamte jugoslawische Regierung in den Augen der westlichen Politiker zu Parias. Die Gewaltstrategie der Belgrader Führung im Kosovo, die Javier Solana unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten serbischen Diplomaten mit den Worten beschrieb "a village a day keeps NATO away" (2), war offenbar an ihr Ende gelangt.

Bis heute sind nicht alle Details der Untaten von Raçak geklärt, wenngleich die umfangreichen gerichtsmedizinischen Untersuchungen der Opfer seit Mitte März abgeschlossen sind und der entsprechende Bericht an das Internationale Kriegsverbrechertribunal für das frühere Jugoslawien weitergereicht wurde (3). Die Unterlagen sind dort Bestandteil des Beweismaterials, das im Zusammenhang mit der Anklage gegen Milosevic und andere führende Vertreter der Belgrader Regierung (4) gesammelt wird.

Trotz dieser Untersuchungen beharrt Belgrad auf seiner Darstellung. Es wird immer noch behauptet, die Ereignisse in Raçak seien von der UCK fingiert worden. Man könnte diese Auffassung als Schutzbehauptung bzw. als Propaganda vernachlässigen, wenn nicht manche Kriegsgegner immer wieder diese Belgrader Auffassung zur Rechtfertigung ihrer eigenen Haltung zum Kosovo-Krieg herangezogen hätten.

Zuletzt hat sich in Deutschland die amerikanische Journalistin Diana Johnstone entsprechend profiliert. Ihr Aufsatz "Das Raçak-Massaker als Auslöser des Krieges" (5) ist nach meiner Kenntnis unwidersprochen geblieben, obwohl er - wie ich zu zeigen beabsichtige - eine Reihe von Falschaussagen, Verkürzungen und Mystifizierungen enthält. Diese berechtigen in ihrer Summe dazu, ihn als klassisches Beispiel von Verschwörungstheorien und Propaganda zu klassifizieren.

Zum besseren Verständnis werde ich zunächst einige Schlaglichter auf den Gang von Johnstones Argumentation werfen. Anschließend betrachte ich ausgewählte Argumentationsstränge genauer. Im letzten Abschnitt wird ein Wort zur wissenschaftlichen und journalistischen Redlichkeit zu sagen sein.

Johnstones Text im Überblick

In der Einleitung ihres Aufsatzes stellt Diana Johnstone in groben Zügen die politische Kontroverse um Raçak dar. Die Überleitung zum ersten Abschnitt ihres Beitrages lautet dann: "Die Hintergründe dieser Ereignisse werfen ein düsteres Licht auf die Machenschaften der Krieg führenden westlichen Allianz." (S. 52)

Der erste Abschnitt (S. 52-56) ist der "OSZE-Spionage für die NATO" gewidmet. Die zentrale These lautet dabei: Die KVM der OSZE habe den Zweck gehabt, durch Spionage den Angriff der NATO vorzubereiten. Nach dem zweiten Abschnitt (S. 56-57), der "Die Ereignisse in Raçak" thematisiert, wird im dritten Abschnitt (S. 57-59) unter der Überschrift "Der Contra-Spezialist" auf den politischen Werdegang des Chefs der KVM, William Walker, aufmerksam gemacht. Im Mittelpunkt stehen hier Handlungen und Äußerungen Walkers, der seit Anfang der 70er bis ca. Mitte der 90er Jahre zum Teil federführend an subversiven Aktionen der US-amerikanischen Regierung in Mittelamerika beteiligt gewesen sein soll.

Anschließend beschreibt die Autorin, wie "Raçak als Symbol" gebraucht wurde (S. 59-61). Die Einschätzungen verschiedener Regierungschefs und -mitglieder werden kurz referiert. Angeführt werden Positionen von Milutinovic, Albright und Clinton, Cook, Jospin, Schröder und Fischer. Zudem werden entsprechende Stellungnahmen des NATO-Rates und des Vorsitzenden des Exekutivrates für das Kosovo, Z. Andjelkovic, wiedergegeben. "Die Kontroverse" um das Geschehen steht im Mittelpunkt des fünften Teils (S. 61-63). Hier werden zwei wichtige Artikel der französischen Tageszeitungen Le Monde und Le Figaro referiert, die am 20. bzw. 21.1.1999 zum Thema Raçak erschienen sind.

Der Schlussabschnitt unter der Überschrift "Die forensische Untersuchung" (S. 63-67) umreißt die gerichtsmedizinische Arbeit von der Überführung der Leichen nach Pristina bis hin zur dortigen Pressekonferenz der finnischen Forensikerin Dr. Helena Ranta (Mitte März 1999). Die letzten beiden Absätze des Aufsatzes widmen sich den Ereignissen vom Zeitpunkt dieser Pressekonferenz bis zum Abzug der OSZE-Beobachter (20. März 1999). Nach diesem Abzug war laut Johnstone der "Weg für neue Gewalttaten, Lügen, Mystifizierungen und Massaker, die Raçak bei weitem übertreffen sollten, (...) geebnet". (S. 67)

OSZE-Beobachter - Spione der NATO?

Im Abschnitt über die Aktivitäten der KVM im Kosovo behauptet Johnstone, die Mehrheit der OSZE-Beobachter sei aus den Reihen von Militär und Geheimdiensten rekrutiert worden. Einen Beleg für diese These nennt sie nicht. Die Autorin schreibt allerdings unter Bezugnahme auf einen Bericht des Spiegel vom 9.11.1998, dass statt der vereinbarten 2.000 nur 200 Beobachter eingetroffen seien. Das Nachrichtenmagazin formulierte laut Johnstone: "Die USA beauftragten das Privatunternehmen DynCorp aus Virginia, 150 Experten zu entsenden. Das Unternehmen, das bereits in Bosnien Erfahrungen gesammelt hatte, beschäftigte in erster Linie Veteranen der amerikanischen Streitkräfte - moderne Söldner, die gegenüber ihrem Arbeitgeber, jedoch nicht notwendigerweise gegenüber der OSZE oder der NATO loyal sind." (S. 54) (6)

Der Spiegel beschrieb nicht eindeutig, gegenüber wem Loyalität zu erwarten war, gegenüber DynCorp oder gegenüber den US-Streitkräften. Das Magazin wusste jedoch sehr wohl Gründe dafür anzugeben, warum in den wenigen Wochen seit dem Holbrooke-Milosevic-Abkommen vom 12. Oktober 1998 nur ein Zehntel des vorgesehenen Kontingents der Beobachter vor Ort war. Unmittelbar vor der zitierten Passage heißt es: "Noch sind erst 200 Beobachter vor Ort eingetroffen. Wegen der unberechenbaren Risiken hat die OSZE Schwierigkeiten, genug Freiwillige zu finden." (Hervorhebung P.W.) Auf Grund dieser Probleme und auf Grund der bis dahin kurzen Implementierungszeit ist es kaum überraschend, dass die Autorin Differenzen zwischen dem Abkommen und seiner Umsetzung konstatieren kann.

Der schwerwiegendste Vorwurf, der an die KVM-Mitarbeiter gerichtet ist, ist jedoch die Anschuldigung, Spionage betrieben zu haben. Dabei müssen sich die angeblichen Spione allerdings ausgesprochen dilettantisch angestellt haben, denn ihre Arbeit war nach Johnstone viel zu offensichtlich: "Mehr als 70% des Personals der angeblich zivilen Mission, bestand aus Angehörigen des Militärs, die ihre Anwesenheit im Kosovo zur Spionage nutzten." (S. 54)

Nach Angaben der amerikanischen Journalistin spielte bei diesen Agententätigkeiten die Sicherheitsabteilung der OSZE-Zentrale in Pristina die zentrale Rolle. (S. 54f). Die Autorin stützt diese Behauptung allerdings auf genau eine Quelle: einen Bericht in der italienischen Zeitschrift Limes. Um ihre These der OSZE-Spionage zu untermauern, weist Johnstone ferner darauf hin, dass die Beobachter gute Beziehungen zu Teilen der UCK unterhielten (S. 55). Dieser Vorwurf überrascht, denn die Beobachter der OSZE hatten ja gerade den Auftrag, auf möglichst vielen Ebenen zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln. Johnstone hebt hervor, es sei bekannt geworden, dass organisierte "Schattenoperationen" bzw. "Deckungsoperationen" für Guerilla-Aktivitäten von Kosovaren durch OSZE-Kräfte vorgenommen worden seien. (S. 55) Auch hier wird nur eine Quelle als Beleg angegeben, erneut nur der schon genannte Limes-Artikel.

In diesem Zusammenhang wird andererseits behauptet, die OSZE-Beobachter hätten jeden Kontakt mit serbischen Polizeikräften abgelehnt. (S. 55) Ehemalige KVM-Mitarbeiter berichten allerdings vom Gegenteil. Rollie Keith, ein scharfer Kritiker des NATO-Bombenkrieges, war als Veteran der kanadischen Armee Leiter des KVM-Feldbüros in Kosovo Polje. In seiner Darstellung der Arbeit vor Ort schreibt er, dass es sehr wohl Kontakte zu den serbischen Sicherheitskräften gab: "Als Beobachter versuchten wir, (...) Verstöße gegen den Waffenstillstand zu überwachen und über sie zu berichten, aber meine Beobachter-Kollegen und ich arbeiteten auch weiter mit beiden Kosovo-Parteien und den Binnenflüchtlingen zusammen, um die übrigen Aspekte unserer Mission zu fördern. (...) Ein Beispiel für diese humanitäre Arbeit war die Leitung einiger Dutzend Verhandlungssitzungen mit beiden Kriegsparteien und vertriebenen Dorfbewohnern." (7) Auch leichter zugängliche Quellen, wie die Neue Züricher Zeitung, sprechen vom gewohnheitsmäßigen Umgang der KVM mit Vertretern der serbischen Sicherheitskräfte. (8)

Mit kritischen Unterton vermerkt Diana Johnstone, dass die Amerikaner den OSZE-Beobachtern moderne Kommunikationstechnologien zur Verfügung stellten. Explizit nennt sie das satellitengestützte "Geographic Positioning System". (S. 55) Bei nüchterner Betrachtung drängt sich aber nicht der Verdacht auf, hier seien Spionagewerkzeuge zur Verfügung gestellt worden, sondern Ortungshilfen, die im Falle einer Gefährdung der Beobachter die sofortige präzise Lokalisierung der OSZE-Mitarbeiter möglich gemacht hätten. Denn die internationalen Beobachter waren nicht bei allen willkommen, sondern Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt. Dies verdeutlicht etwa die Tatsache, dass einige orangefarbene OSZE-Fahrzeuge mit weißem Lack umgespritzt werden mussten, nachdem plötzlich Fahrzeuge der serbischen Sicherheitspolizei in Orange vorfuhren. (9)

Zum Kronzeugen für die angeblichen Spionage-Aktivitäten macht Johnstone den 32-jährigen Schweizer Geologen und OSZE-Beobachter Pascal Neuffer. Dieser sagte: "Wir hatten den sehr scharfen Eindruck, für die NATO zu spionieren." (S. 55) Berichte von OSZE-Beobachtern seien laut Neuffer von der schon angesprochenen Sicherheitsabteilung der OSZE-Zentrale im Fall von mangelnder Kritik an Serben "abgeändert oder zerrissen" worden (S. 55). Die OSZE-Sicherheitsabteilung, die Schaltzentrale der "Spionage", war demnach also nicht in der Lage, ihre Arbeit gegenüber den kritischsten Geistern unter den OSZE-Beobachtern geheim zu halten. Diese wenig überzeugende Argumentation Johnstones stützt sich erneut auf nur eine Quelle: auf die Eindrücke und Aussagen eines einzigen Beobachters.

Ein Verschwörer und Kriegstreiber

In manchen politischen Kreisen sind Verschwörungstheorien immer noch sehr gefragt. Was früher beispielsweise Geheimgesellschaften nachgesagt wurde, das leisten für Verschwörungstheoretiker und ihre Anhänger heute schwer fassbare Einrichtungen wie "das Kapital" bzw. der "militärisch-industrielle Komplex" oder aber Einzelpersonen mit offenbar herausragenden Fähigkeiten. Nach Johnstone scheint William Walker ein solcher Mensch zu sein.

Walker mag zu subversiven Aktivitäten der US-Regierung in Mittelamerika beigetragen haben. (10) Für sein Engagement im Kosovo aber spielen diese Hinweise Johnstones - wie berechtigt sie auch immer sein mögen - keine Rolle. (11) In Bezug auf Raçak ist dagegen wichtiger, was die Autorin zur Fähigkeit Walkers schreibt, wenn es um die Erzeugung von Medienaufmerksamkeit und Krieg geht: Sie weist darauf hin, dass Walker seit Ende 1998 innerhalb der OSZE sehr umstritten gewesen sei, weil er sich nicht durch Vermittlungsbemühungen zwischen den Bürgerkriegsparteien, sondern durch einseitige Verurteilungen der serbischen Seite ausgezeichnet habe. In dieser Situation sei ihm "Raçak" gerade recht gekommen: "Zu den Vorfällen in Raçak kam es genau zu dem Zeitpunkt, als Walker von den Europäern in der OSZE-Mission heftig kritisiert wurde, seine Mission zum Vorteil der UCK zu nutzen. Indem Walker sich der Vorfälle in Raçak annahm, rückte er sie in den Mittelpunkt des internationalen Medieninteresses, und es gelang ihm, seine Kritiker zu marginalisieren." (S. 56, Hervorhebung P.W.)

Die Anschuldigungen, die Walker am 16.1.1999 gegen die jugoslawischen Polizei- und Sicherheitskräfte erhob, sind zwar sehr wichtig für die Beurteilung der politischen Lage im Kosovo durch westliche Medien und Regierungen. Sie haben darüber hinaus aber auch ein eindeutiges Echo des UN-Sicherheitsrates erzeugt (12). Insofern ist es irreführend, so zu tun, als seien auch um eines persönlichen Vorteils willen Medien instrumentalisiert worden.

Ein Täuschungsmanöver der UCK?

Bei ihrer Darstellung der Ereignisse in Raçak fällt auf, dass Diana Johnstone immer wieder wichtige Aspekte der offiziellen jugoslawischen Sichtweise wiedergibt, ohne diese Sichtweise mit irgendeinem kritischen Wort zu begleiten. Sie schreibt: "Einer Mitteilung des serbischen Innenministeriums zufolge 'attackierten Terroristen die Polizisten aus Gräben, Bunkern und Festungen mit Maschinengewehren und tragbaren Granatwerfern'. Im anschließenden Kampf wurden, laut dieser Mitteilung, 'mehrere Dutzend Terroristen getötet'. Die meisten sollen UCK-Abzeichen getragen haben." (S. 56f) An anderer Stelle (S. 64) kolportiert die Autorin das von jugoslawischen Stellen immer wieder verbreitete Gerücht, die Opfer von Raçak seien nach ihrem Tod und vor dem Erscheinen Walkers in zivile Kleidung gesteckt worden. (13)

Die offiziellen Mitteilungen der jugoslawischen Seite hatten sich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von Diana Johnstones Beitrag bereits als vollkommen unhaltbare Propagandalügen herausgestellt. Die Presseerklärung, die von Dr. Helena Ranta vom finnischen Forensiker-Team am 17.3.1999 abgegeben wurde, war diesbezüglich sehr deutlich: "An der Kleidung befanden sich keine Rang- oder sonstigen Erkennungszeichen einer militärischen Einheit. Ein Hinweis auf eine Entfernung von Rang- oder Erkennungszeichen fand sich nicht. Die Autopsieergebnisse (z.B. Einschusslöcher, koaguliertes Blut) und die Fotos vom Schauplatz lassen den Schluss zu, dass Kleidungsstücke höchstwahrscheinlich weder gewechselt noch entfernt wurden." (14)

Weiter schreibt Johnstone: "Die serbische Regierung behauptete, die UCK habe genügend Zeit gehabt, die Leichen gefallener Kämpfer über Nacht zusammenzutragen, um eine Massenerschießung vorzutäuschen." (S. 57) Auch diese Behauptung der serbischen Regierung wird nicht genauer beleuchtet oder gegen andere Stellungnahmen abgewogen. Die Presseerklärung von Helena Ranta, ein Text, den Diana Johnstone ausführlich zitiert, ist hier ebenfalls unmissverständlich: "Laut den Informationen der KVM/KDOM-Beobachter wurden insgesamt 22 Männer in einer Rinne in der Nähe des Dorfes Raçak gefunden. Sie wurden höchstwahrscheinlich am Fundort erschossen." (15)

Im Rahmen ihrer Darstellung der Ereignisse von Raçak spricht die amerikanische Journalistin davon, westliche Medien hätten die entsprechenden Darstellungen der jugoslawischen Seite ignoriert. (S. 57) Diese These verwundert schon allein deswegen, weil Johnstone für ihre Darstellung zwei entsprechende Berichte von Le Figaro und Le Monde vom 20. bzw. 21. Januar 1999 heranzieht. Diese Artikel der französischen Tageszeitungen sind international keineswegs ohne Beachtung geblieben. In Deutschland brachte beispielsweise Die Welt am 22. Januar 1999 einen entsprechenden Bericht. (16)

Kampf gegen Terroristen?

Mangel an kritischer Distanz gegenüber der offiziellen jugoslawischen Sichtweise ist auch im 4. Abschnitt des Aufsatzes von Diana Johnstone zu erkennen, dem Abschnitt über "Raçak als Symbol". Dem serbischen Präsidenten Milan Milutinovic wird der größte Platz eingeräumt. Seine Worte werden nur mit dem Adjektiv "markig" charakterisiert. Inhaltlich scheint Johnstone keinen Grund zu kritischem Abstand zu haben. Sie schreibt: "Mit markigen Worten wurde Walker in dieser Erklärung (Milutinovics zu Raçak; P.W.) 'einer Serie von Lügen und Erfindungen' bezichtigt, bei denen es darum gehe, 'die Aufmerksamkeit von Terroristen, Mördern und Kidnappern abzulenken und sie wieder einmal zu schützen'. Der serbische Präsident beklagte sich, dass Walker die Unrechtmäßigkeit der Angriffe durch die UCK-Terroristen nicht erwähnte: 'Obwohl es unbestreitbar wahr ist, dass die Polizei provoziert wurde und gezwungen war, sich gegen die Angriffe der Terroristen zu verteidigen, ignorierte Mr. Walker heute diese Tatsache und gab an, es habe sich um einen Konflikt mit der Zivilbevölkerung gehandelt.'" (S. 59)

Diana Johnstone schreibt kein kritisches Wort zu der Behauptung, es habe sich in Raçak ausschließlich um einen legitimen Kampf mit Terroristen gehandelt. (17) Auch der Vorsitzende des Exekutivrates für das Kosovo, Zoran Andjelkovic, wird von Johnstone zitiert, ohne dass seine Äußerungen hinterfragt würden. Auch Andjelkovic stellt die Ereignisse von Raçak so dar, als hätte die Regierung nur hart gegen Terroristen durchgegriffen.

Blickfelder und Uhrzeiten

Johnstone hat sich intensiver mit dem Echo der Ereignisse von Raçak in den französischen Medien befasst. Sie hat sich der Mühe unterzogen, die Berichte von Le Monde und Le Figaro in englischer Sprache zur Verfügung zu stellen. (18) Auffällig ist, dass ein dritter wichtiger Artikel, der ebenfalls am 21. Januar 1999 erschienen ist, in ihrem Aufsatz mit keinem Wort erwähnt wird. Ihr gesamter fünfter Abschnitt stützt sich allein auf die Darstellung von Le Monde und Le Figaro. Der einschlägige Artikel von Libération wird nicht herangezogen. Dabei ist der Artikel in Libération als Abfolge von "Neun Fragen zu den Toten von Raçak" sehr übersichtlich gegliedert und umfangreicher als die Artikel der anderen beiden Zeitungen zusammen (19).

Ein weiterer Umstand macht stutzig. In der von Diana Johnstone angefertigten englischen Übersetzung des Le-Figaro-Artikels liest man zum Blickfeld der KVM-Mitarbeiter, die am 15.1.1999 in der Nähe Raçaks postiert waren: "The observers spent the whole day posted on a hill where they could watch the village." (20) In der von Johnstone ebenfalls angefertigten Übersetzung des Le-Monde-Artikels heißt es dagegen: "At least two teams of international observers watched the fighting from a hill where they could see part of the village." (21) In ihrem Aufsatz wird ausschließlich die Version von Le Figaro präsentiert: "Die Beobachter hielten sich den ganzen Tag auf einem Hügel auf, von dem aus sie das Dorf einsehen konnten." (S. 62) Dabei ist es von erheblicher Bedeutung, ob das ganze Dorf oder nur Teile eingesehen werden konnten.

Mit dem Zeitpunkt des Abzugs der serbischen Einheiten aus Raçak verfährt Johnstone ähnlich: Die Uhrzeit wurde von Le Monde und Le Figaro nicht einheitlich angegeben. Le Monde schrieb: "Einige Zeugen sagten (...) aus, dass die Serben (...) gegen 15:30 Uhr das Dorf verließen." An anderer Stelle hieß es im Le-Monde-Artikel dagegen: "Um 17.30 Uhr verließ die Polizei das Gelände (...)." Le Figaro schrieb, dass die Polizeikräfte das Dorf um 15:30 Uhr verließen. (22) Nimmt man den von Johnstone nicht berücksichtigten Artikel in Libération hinzu, hat man sogar eine dritte Uhrzeit: Diese Zeitung schrieb, dass die serbischen Kräfte um 17 Uhr abzogen. (23) Offen bleibt, warum sich Johnstone angesichts dieser uneinheitlichen Zeitangaben in ihrem Aufsatz nun ausgerechnet für den frühesten der angegebenen Termine entscheidet. (S. 62) Eine Prüfung der Angaben zum Abzugstermin wäre deswegen wichtig, weil in den französischen Tageszeitungen auch die Frage gestellt wurde, warum die OSZE-Beobachter in der Zeit zwischen dem Rückzug der serbischen Einheiten und dem Einbruch der Dunkelheit kaum Todesopfer fanden. (24)

Die Arbeit der Forensiker

Zunächst war sehr umstritten, wer die Toten von Raçak gerichtsmedizinisch untersuchen sollte. Belgrad weigerte sich tagelang, einem finnischen Expertenteam Zutritt zu den Toten zu gewähren. Man war nur bereit, Forensiker aus Weißrussland hinzuzuziehen. Diese Weigerung wurde international kritisiert. Auch den drei französischen Zeitungen schien diese Art von Untersuchung nicht die Gewähr dafür zu bieten, dass hier über jeden Zweifel erhabene Analysen vorgenommen werden würden. Unisono mahnten sie darum am 20. bzw. 21. Januar 1999 eine unabhängige Untersuchung an.

Von diesen Streitigkeiten und Aufforderungen liest man bei Johnstone nichts. Sie stellt sich mit ihrer Darstellung kurzerhand auf die serbische Seite und schreibt: "Da das Internationale Kriegsverbrechertribunal in Den Haag in den Augen der serbischen Regierung voreingenommen und für das Kosovo rechtlich nicht zuständig war, weigerte sich Belgrad, dem Tribunal die Untersuchungen anzuvertrauen. Dennoch wurde ein Team von forensischen Experten aus Weißrussland eingeladen, die Leichen von Raçak zu untersuchen. Auch einem finnischen Team, das die EU vertraglich verpflichtet hatte, um Gräueltaten im Kosovo zu untersuchen, wurde die Untersuchung gestattet." (S. 63) Bemerkenswert ist auch, was Johnstone ihren Lesern nicht mitteilt: dass nämlich die Forensiker aus Weißrussland und Jugoslawien mit ihren Untersuchungen der Opfer von Raçak bereits begonnen hatten (25), als die finnischen Experten am 22.1.1999 in Pristina endlich Zugang zu den Leichen erhielten.

Auffällig ist in diesem Zusammenhang, wie die Autorin die Stellung von Dr. Ranta im finnischen Team beschreibt und ihre Fachexpertise in Abrede stellt. Bezüglich der Presseerklärung Helena Rantas vom 17.3.1999, vorgestellt in Pristina nach Abschluss der forensischen Untersuchungen, schreibt Johnstone, diese Erklärung stamme nur von "einer Mitarbeiterin im Team. Als Zahnärztin ist ihre Expertise auf die Untersuchung von Zähnen beschränkt, was bei der Behandlung der Frage, wie die Kosovo-Albaner getötet wurden, keine Rolle gespielt haben dürfte." (S. 64)

Helena Ranta war keineswegs "Mitarbeiterin" des finnischen Teams, sondern dessen Leiterin. Ihre Fachkompetenz ist bislang nie bezweifelt worden. Oder richtiger - fast nie: Denn sofort, nachdem sie ihre Presseerklärung herausgegeben hatte, wurde ihr unterstellt, sie sei eine fachlich nicht zuständige Zahnärztin. Diese Infragestellung ihrer Kompetenz geht zurück auf den Leiter des jugoslawischen Forensikerteams, Prof. Dr. Slavisa Dobricanin, und den serbischen Justizminister, Dragoljub Jankovic. Nach Tanjug-Meldungen vom 17.3.1999 sagte der Forensiker: "Die Stellungnahme der finnischen Chef-Pathologin Helena Ranta, dass sie (die Opfer; P.W.) Zivilisten gewesen sein könnten, ist ihre eigene, persönliche Meinung zu einem Gegenstand, der nicht zu ihrem Fachgebiet gehört - sie ist Dental-Pathologin und diese Aussage ist unabhängig vom finnischen Expertenbericht gemacht worden (...)." Und der Minister assistierte: "Das ist eine persönliche Meinung. Dr. Ranta ist eine Dental-Pathologin, was sie zu einer Expertin für die Ermittlung der Identität der Opfer macht und sie nicht für die Beantwortung jener Fragen qualifiziert, welche die den finnischen Pathologen gestellten Aufgaben betrafen." (26) Johnstone hat sich diese Argumentationsfigur zu eigen gemacht.

Die Zusammenarbeit der Experten aus Jugoslawien, Weißrussland und Finnland verlief offenbar weitgehend positiv, war aber nicht frei von Irritationen. Helena Ranta schreibt in ihrer Pressemitteilung vom 17.3.1999:

"Vor Beginn der Autopsien wurde vereinbart, die Berichterstattung der Medien möglichst gering zu halten. Dennoch gestattete der Leiter des Instituts für Gerichtsmedizin in Pristina, Professor Dobricanin, Fernsehteams und Fotografen den Zutritt zu den Gebäuden. Auf eine entsprechende Frage hin bestätigte er, dass dies in Übereinstimmung mit seinen Anweisungen geschehen sei. Verwirrung entstand durch Erklärungen und voreilige Schlussfolgerungen, die von Experten vor Ort gezogen wurden, noch während die Ermittlungen liefen. (...) Nach Abschluss der Autopsien im Januar beschlossen die Pathologen aus Serbien und Belarus, gemeinsame Berichte mit einer Zusammenfassung ihrer Erkenntnisse zu erstellen. Das finnische Team weigerte sich, diese zu unterzeichnen, was fälschlicherweise als Meinungsverschiedenheiten zwischen den Experten vor Ort und dem finnischen Team ausgelegt wurde. Das finnische Team vertritt die Auffassung, dass keine fachlichen Schlussfolgerungen auf der Grundlage der Autopsie ohne eine umfassende Analyse der durch die Untersuchung der Leichname gewonnenen Daten gezogen werden sollten. Die Analyse und die Tests wurden erst nach Rückkehr des Teams aus dem Kosovo an der Fachabteilung für forensische Medizin der Universität Helsinki durchgeführt. Es wäre daher verfrüht und deplatziert gewesen, im Januar Schlussfolgerungen zu ziehen oder Berichte zu unterzeichnen." (27)

Insofern ist es falsch, wenn Johnstone schreibt, es sei allein ein "zeitliches, nicht aber (...) inhaltliches Problem" (S. 66) gewesen, dass die finnischen Experten sich weigerten, den Abschlussbericht der serbischen und weißrussischen Kollegen zu unterzeichnen.

Schusshände und Schmauchspuren

Immer wieder ist von serbischer Seite behauptet worden, bei 37 von 40 untersuchten Opfern von Raçak seien an den Händen Spuren von Schießpulver gefunden worden. Johnstone übernimmt diese Aussage (S. 67), ohne sich auf den fachlichen Streit einzulassen, der mit dieser Behauptung verbunden ist. Bei diesem Streit geht es darum, wie sich mit Sicherheit feststellen lässt, ob jemand geschossen hat oder nicht. Das finnische Team hat sich für jene Methode entschieden, die unter Fachleuten als die zuverlässigste gilt. Frau Ranta führte dazu am 17.3.1999 aus:

"Das bislang erfolgreichste Verfahren für die Schussrückstandsanalyse ist zweifellos das Raster-Elektronenmikroskop (REM) mit einem energiedispersiven Röntgenstrahlenanalysator (SEM-EDX). Nur mit dieser Methode kann der Metallgehalt ohne Kontaminierung festgestellt werden. Durch die SEM-EDX-Analyse wird die Probe praktisch nicht beeinträchtigt und kann gegebenenfalls mehrmals erneut untersucht werden. Die Probe für die GSR-Analyse (Schussrückstandsanalyse; P.W.) wird durch das Abziehen eines Klebestreifens unter Beachtung üblicher Vorsichtsmaßnahmen (Kontaminierung) genommen. Aus den oben genannten Gründen hat das finnische Team den Paraffintest nicht verwendet. Es wurden Tests für die SEM-EDX-Probeentnahme durchgeführt, die sich als negativ erwiesen." (28)

Die jugoslawische Seite dagegen beharrte darauf, trotz methodischer Grenzen sei ein Paraffintest, ein "paraffin glove test" bzw. ein Arbeiten mit der Dipheylamin-Methode (29) sinnvoll und beweiskräftig. Schon am 27.1.1999 hat Helena Ranta jedoch in einem Gespräch mit dem Belgrader Sender Radio B92 zu den Tests der jugoslawischen Forensiker Stellung genommen. Vom Sender wurde sie gebeten, Gerüchte zu kommentieren, dass ein Paraffin-Test durchgeführt worden sei, von dem serbische Quellen behaupten, er habe nachgewiesen, fast alle Getöteten hätten selbst Schusswaffen abgefeuert. Ranta sagte: "Mir sind diese Gerüchte bekannt und wir haben das untereinander diskutiert." Sie wies auf die Möglichkeit der Manipulation hin: "Das Problem liegt diesem besonderen Fall nach unserer Meinung darin, dass es sehr schwierig ist festzustellen, wer wann die Aufsicht über die Leichen hatte auf deren Weg von den Fundorten zur Moschee (in Raçak; P.W.) und von der Moschee zur Abteilung für forensische Medizin (in Pristina; P.W.). Es gibt hier die Möglichkeit der Kontamination. Und wir dürfen nicht vergessen, dass hier natürlich die Möglichkeit einer Manipulation von Beweisen besteht. Das wird mit den jugoslawischen Behörden besprochen werden." (30) Das Festhalten der jugoslawischen Forensiker am Wert des Paraffintests wird noch verdächtiger, wenn man sich vergegenwärtigt, dass diese Methode unter Fachleuten schon seit Mitte der 50er Jahre als sehr unzuverlässig, ja als unspezifisch gilt. (31)

Gegenöffentlichkeit und Propaganda

Die Herausgeber des Sammelbandes, in dem Johnstones Artikel erschien, würdigen ihre Arbeit im Vorwort ausdrücklich: "Der NATO diente das Massaker von Raçak als Kriegsvorwand, obwohl, wie die amerikanische Journalistin Diana Johnstone minutiös nachgewiesen hat, alles darauf hindeutet, dass es sich um Kampfhandlungen zwischen der jugoslawischen Armee und der UCK handelte." (S. 7)

Vielleicht ist es naiv zu erwarten, dass die Informationsbasis breit und das Urteil abgewogen ausfällt. Ausbildung und Berufsweg der Autorin aber geben einer solchen Erwartung Nahrung, denn Diana Johnstone hat nach einem Studium der osteuropäischen Geschichte und französischen Literatur einen Doktortitel erworben, an einer Universität als Lehrbeauftragte gearbeitet und war als Journalistin bzw. Pressesprecherin tätig. (32)

Die Hoffnung auf eine investigative Darstellung, auf neue, erhellende Fakten wird jedoch enttäuscht. Statt dessen wird eine Abhandlung vorgelegt, die sich durch fehlende Belege, eine dürftige Quellenbasis, Verbreitung von Unwahrheiten und verschwörungstheoretische Betrachtungsweisen auszeichnet.

Die Suche nach der historischer Wahrheit bzw. nach den Hintergründen einer tagesaktuellen Nachricht ist nie einfach, denn oft sind Quellen und Gesprächspartner "sperrig" oder nur schwer zu finden. Das gilt auch für den Kosovo-Krieg und seine Vorgeschichte. Gleichwohl kann die Alternative zu den Mühen der Recherche nicht sein, einfach die Belgrader Sicht der Dinge zu präsentieren. Es sei denn, man versteht unter "Gegenöffentlichkeit" nicht mehr als Propaganda. (33)

Peter Wuttke

Anmerkungen:

1) Noch am 13.1.1999 schien es Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation zu geben, denn der OSZE gelang es, die Freilassung von serbischen Polizisten zu vermitteln, die sich in der Hand der UCK befanden. Vgl. Berliner Zeitung vom 14.1.1999.
2) Vgl. Washington Post vom 18.4.1999: Slaughter in Raçak Changed Kosovo Policy http://www.washingtonpost.com/wp-srv/national/longterm/policy041899.htm
3) Zu den Verzögerungen bei der Präsentation von Berichtsergebnissen und zur Brisanz des Präsentationstermins vgl. Berliner Zeitung vom 9. u. 10.3.99 sowie G. Hofmann: Wie Deutschland in den Krieg geriet, in: Die Zeit, Nr. 20/1999.
4) The Prosecutor of the Tribunal against Slobodan Milosevic, Milan Milutinovic, Nikola Sainovic, Dragoljub Ojdanic, Vlajko Stojiljkovic http://www.un.org/icty/indictment/english/mil-ii990524e.htm
5) Diana Johnstone: Das Raçak-Massaker als Auslöser des Krieges, in: Klaus Bittermann u. Thomas Deichmann (Hrsg.): Wie Dr. Josef Fischer lernte, die Bombe zu lieben - Die Grünen, die SPD, die Nato und der Krieg auf dem Balkan, Berlin: Tiamat, 1999, S. 52-68. Johnstones Beitrag stimmt mit dem Tenor des Sammelbandes überein, in dem der Kosovo-Krieges sehr scharf kritisiert wird.
6) Trotz der Anführungszeichen wird der Spiegel nicht wörtlich zitiert. Der Inhalt der zitierten Sätze ist aber richtig wiedergegeben.
7) http://www.humanrights.de/doc_en/archiv/antikrieg/texte/keith_d.htm
8) Die Präsenz der KVM "übte aber doch eine beruhigende Wirkung aus. Ihre Verbindungsoffiziere hatten regelmäßig Kontakt mit serbischen und albanischen Kommandanten und konnten zumindest auf lokaler Ebene da und dort ein zurückhaltendes, unprovokatives Auftreten der Kämpfer herbeiführen." NZZ vom 22.3.1999
9) Der Spiegel vom 8.2.1999
10) Vgl. dazu auch Jürgen Scheffran: Zweierlei Massaker? Wie ein US-Diplomat im Kosovo-Dorf Raçak den Dritten Weltkrieg auslöste; in: Wissenschaft und Frieden, Nr. 2/1999, S. 20-23. Scheffrans Beitrag krankt nicht nur an der Überschrift, sondern auch, weil z.B. Aussagen des EU-Kosovo-Sonderbeauftragten W. Petritsch mit solchen des ZEIT-Redakteurs G. Hofmann zum Raçak-Massaker verwechselt werden. Unpassend ist überdies, dass der Autor schreibt: "Nach sieben Wochen Bombenkrieg ist Jugoslawien um Dutzende von Raçaks reicher." Scheffran bezweifelt jedoch nicht, dass es in Raçak ein Massaker gab.
11) Über Walkers Erfahrungen als Leiter der UN-Transitional Administration for Eastern Slavonia (UNTAES), die die Übergabe von Ostslawonien an Kroatien nach dem Bosnien-Krieg überwachte, erfährt man bei Johnstone nichts.
12) "Der Sicherheitsrat verurteilt scharf das Massaker an Kosovo-Albanern vom 15. Januar 1999 im Dorf Raçak, im südlichen Kosovo, Bundesrepublik Jugoslawien, wie es die Kosovo Verification Mission (KVM) der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) meldete. Mit tiefer Besorgnis nimmt er zu Kenntnis, dass der KVM-Bericht aussagt, die Opfer seien Zivilisten, einschließlich Frauen und mindestens einem Kind. Der Sicherheitsrat nimmt auch die Stellungnahme des Leiters der KVM zur Kenntnis, die besagt, dass die Verantwortung für das Massaker bei den Sicherheitskräften der Bundesrepublik Jugoslawien liegt und dass sowohl bewaffnete Streitkräfte der Bundesrepublik Jugoslawien als auch serbische Sonderpolizei beteiligt gewesen seien." http://www.un.org/peace/kosovo/sprst992.htm
13) Sie stützt sich dabei auf einen Bericht der Berliner Zeitung vom 13.3.1999. Dort werden namentlich nicht genannte OSZE-Vertreter zitiert, die behaupten, OSZE-intern ginge man von einer Inszenierung der UCK aus. Diese Behauptungen sind allerdings nach dem 17.3.1999, dem Tag der Pressekonferenz von Helena Ranta in Pristina, nie wiederholt worden. Die OSZE würdigte vielmehr die Arbeit des finnischen Teams.
Vgl. z.B. http://www.osce.org/cio/52362.
14) http://www.auswaertiges-amt.de/6_archiv/99/p/P990317a.htm
15) Ebenda
16) Der Krieg um die 40 Toten von Raçak im Kosovo - Massaker oder 'nur' die Opfer eines Tages?
17) Es ist nicht ausgeschlossen, dass eine Minderzahl der Opfer tatsächlich der UCK angehörte. Unter Berufung auf albanische Quellen spricht z.B. die Neue Züricher Zeitung am 18.1.1999 von acht UCK-Kämpfern.
18) Originally at http://www.iacenter.org/racak.htm (now here)
19) Originally at http://www.zoran.net/afp/text/background/nine_questions.htm (now here)
20) Originally at http://www.iacenter.org/racak.htm (now here)
21) Ebenda.
22) Ebenda.
23) Originally at http://www.zoran.net/afp/text/background/nine_questions.htm (now here)
24) Originally at http://www.iacenter.org/racak.htm (now here)
25) Dabei machten sie, offenbar entgegen internationaler Standards, vorab keine Röntgenaufnahmen. Vgl. taz, 22.1.1999.
26) Beleg Dobricanin und Beleg Jankovic
27) http://BalkanWitness.glypx.com/racak-massacres2.htm
28) Ebenda.
29) Alle drei Begriffe bezeichnen ein- und dieselbe Methode.
30) Meldung von Reuters vom 27.1.1999: http://www.alb-net.com/kcc/27janar.htm
31) Vgl. A. Brüning: Der irreführende Paraffin-Test, in: Archiv für Kriminologie. Monatsschrift für naturwissenschaftliche Kriminalistik und Polizeiarchiv, 118. Band (Juli bis Dezember 1956), S. 107f. In der gleichen Ausgabe dieser Fachzeitschrift (S. 109) wird der Nobelpreisträger für Chemie, Heinrich Wieland mit folgenden Worten wiedergegeben: "Da der Diphenylamin-Test von Oxydationsmitteln gegeben wird, ist es kein Wunder, dass alle Stoffe dieser Art, die sich aus irgendwelchem Grunde auf einer Handoberfläche befinden, eine 'Schießhand' vortäuschen können. Damit verliert der Paraffin-Test die analytische Spezifität." Für Belege aus der englischsprachigen Fachliteratur vgl. http://mcadams.posc.mu.edu/ptest.txt
32) Vgl. die Angaben zu den Autoren auf S. 206 des in Fußnote 5 angegebenen Sammelbandes.

Für kritische Hinweise bedanke ich mich bei Matthias Z. Karádi (Hamburg) und Harald Leinweber (Köln).

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Der Webmaster: Zu o.g. Artikel vgl. auch die folgenden, z.T. neueren Berichte:

Berliner Zeitung:
OSZE-Vertreter widerlegen Walker
OSZE-Vertreter: Kein serbisches Massaker in Racak
Geheime Berichte: Keine gezielt Hinrichtung in Racak
Wie starb der 13-jährige Halim Beqiri?
Racak: Manipulationen hinsichtlich der Identität vieler getöteter Albaner
 
KONKRET:
Kriegslügen: Scharpings Spitzenleistungen
Geheimakte Racak
Der Hufeisenplan - Scharpings Fake (Kritik von Brigadegeneral Loquai)
Mörder regieren und Lügner informieren
Dichtung & Wahrheit bei Scharping, Schröder und Fischer
Die Grenzen der Kritik an Kriegsherren und Kriegspropaganda sind eng
Mihailo Markovic: Tito war schuld
Helmut Lippelt über Racak: Das ist für mich neu

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